Wenn die Bergwelt den Zwerg quält…

Ja, ich bin gequält. Zur Vorwarnung: meine Laune ist echt schlecht und ich bin im tiefen Jammertal, deshalb neige ich wahrscheinlich zur Übertreibung, aber da musst du, liebe Leserin jetzt durch oder entscheidest jetzt, nicht weiterzulesen.

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Ich bin kurz vor Santander, und bin ca. 100 km gewandert. Google Maps sagt, es sind weniger, aber meine Applewatch spricht die Wahrheit.

Camino del Norte, der Küstenweg, dachte ich, prima, laufe ich schön an der Küste entlang. Sehe ich das Meer, habe ich lange nicht gesehen. Jetzt habe ich es gesehen. Tatsache ist: man verlässt ein Dorf oder eine kleine Stadt und klettert erstmal einen Berg hinauf. Nicht richtig hoch, vielleicht 200 Höhenmeter. Aber so dermaßen sakrisch steil, dass der Schweiß nur so rinnt. Irgendwann oben ist der Ausblick wirklich toll. Wenn das Wetter passt, wenn nicht, ist nix. Dann geht es wieder runter, genauso steil, um im nächsten Dorf anzukommen, das genauso ist, wie das letzte und dazwischen ist einfach gar nix was ein bisschen das Leben erleichtert. Kein Café, keine Wasserstelle, nicht mal eine Bank.

Ich also nach, sagen wir 10-20 km einigermaßen erschöpft, gehe in die Herberge oder auch ins Hotel, mache, was ich schon mal erzählt habe und gehe ins Bett.

Ich habe noch keine Nacht gut geschlafen, egal, wo ich war.

Morgens treibt es mich raus, ich will weiter.

Ich leide sehr unter der Einsamkeit. Klar treffe ich sehr nette Leute, aber ich bin alleine. Das habe ich nicht erwartet.

Ich habe keine Blasen, keine Laufprobleme. Aber mir tut die Hüfte weh, ja, die, auf die ich vor vielen Jahren bei Glatteis draufgefallen bin. Ist da immer noch was gespeichert oder spielt das ISG verrückt und der Ischias verübelt mir die ganze Schlepperei?

Ich bin 90 Prozent des Weges auf Asphalt und viel an Straßen entlanggegangen. Ok, es gab manchmal Alternativen, aber die sind mit Umwegen von 8-10 km verbunden, das ist mir zuviel.

Ich will nicht auf Asphalt gehen!

Ich will nach Hause, ich will mich mit einer heissen Schokolade aufs Sofa legen.

Ich will eine Massage! Unsere Sauna ist so gut wie fertig, ich will in die Sauna gehen.

Ich will eine Waschmaschine und die Gewissheit, dass morgen alles trocken ist und ich nicht mit feuchten Klamotten am Rucksack befestigt durchs Land latschen muss.

Es ist so anstrengend, wenn morgens um 9 schon die Tränen laufen und ich nicht weiß wie es weitergehen soll. Also laufe ich einfach weiter.

Ich will, dass jemand kommt und alles für mich regelt. Mich in eine Decke hüllt und tröstet.

Ich will dass irgendein kluger Ingenieur endlich das Beamen realisiert und mich nach Santiago beamt.

Ich will, dass sich der Boden unter mich schiebt beim Gehen.

Und weil ich mich gerade im flachen Teil vom Camino del Norte befinde, weiß ich, dies ist erst der Anfang.

Ich werde also in Santander in einen Bus steigen und mich an einen Ort auf dem Camino Frances bringen lassen. Der ursprüngliche Hauptweg des Jakobsweges, den man aus den Filmen kennt. Da sind Etappen sanfter, genauso viele km, aber keine steilen Stücke. mehr Herbergen, mehr Verpflegungsstellen, mehr Leute. Ich darf es mir ein bisschen leichter machen, oder?

Ich bin heute in Güemes angekommen und durfte ein Tagesessen haben, dass mich endlich mal mit ausreichend Proteinen versorgt… mein Zimmer hat einen Whirlpool – ich tauche erstmal ab.