Wir sind seit knapp einer Woche unterwegs, haben bereits sage und schreibe 140 km hinter uns gebracht. Langsam tun die Füße weh, die ersten Blasen sind aufgetaucht. Bei mir saß der Rucksack wegen der Ukulele schief, was meinem Kreuzbein gar nicht gut getan hat, bei Bea hat der Hüftgürtel auf einen Nerv gedrückt. Wir haben eine grosse Etappe vor uns, bevor es in Logrono einen Ruhetag gibt.
Die Temperaturen steigen, in Südspanien ist eine Hitzewelle mit 40 Grad, hier im Norden bewegen wir uns auf die 30 Grad zu. Wir trinken 3-4 Liter Wasser um bei Laune zu bleiben, die Schritte bewegen sich wie ein Uhrwerk.
Da will man keine Deep Talks mehr machen, da kann man einfach mal lästern.
Die verschiedenen Pilgertypen:
1. der Durchschnittspilger: gut ausgestattet, Rucksack menschliche 9-10 kg, geländegängige Wanderschuhe, Wanderstöcke. Recht freundlich, mit dem kann man immer mal quatschen, man erkennt sich wieder, läuft gemäßigtes Tempo, bleibt auch immer mal wieder stehen, um zu trinken, schauen und zu fotografieren.
2. der Genusspilger: auch gut ausgestattet, lässt sich einfach mehr Zeit, lässt sich treiben, trinkt auch schon vormittags Wein, erfreut sich an allem und jedem. Breites Lächeln, unheimlich gesellig und gesprächig.
3. der Luxuspilger: lässt das Gepäck immer transportieren, hat keinen Schlafsack, weil er ausschließlich im Hotel nächtigt. Herberge kommt nicht in Frage. Trägt nur einen Turnbeutel mit den nötigsten Sachen herum.
4. der Kampfpilger: er kämpft ums überleben und überlebt, wenn er spätestens um 5 Uhr losgeht, alles Proviant dabei hat, damit er unterwegs nicht lange Pause machen muss. Er rennt geradezu, trägt nur Turnschuhe und schaut immer ernst drein, macht mind. 40 km am Tag und prahlt am Abend mit seiner Leistung! er wird von allen gehasst, weil er frühmorgens rumleuchtet und alle im Schlafsaal weckt.
5. der skurrile Pilger: ist ausgestattet wie für einen zufälligen Spaziergang im Park. Nämlich gar nicht. Keine besondere Kleidung, normale Turnschuhe ohne Profil, ein Rucksack, der eher für den Gang zur Arbeit gedacht ist. Kleidung variiert stark: pludrige Haremshosen, Jeans, leichte Baumwollhosen, die in weißen Baumwollsocken stecken. Ninja-Turtle-Stirnband beim älteren Herrn fällt auf, wenn dann dieser noch eine Kette aus Holzperlen trägt, mit einem 15 cm-Kreuz daran, welches elegant auf seinem Kugelbauch aufliegt. Auch Safari-Ausstattung wurde gesichtet. Ebenso eine Asiatin, von Kopf bis Fuß inklusive Gesicht und Hände in schwarzen Seidenstoff gehüllt, aber mit einem grandiosem, weißen Riesenhut obenauf.
6. der Gruppenpilger: gerne eine Männermannschaft mit einheitlichem Trikot. Sie wollen immer beieinander bleiben: beieinander sitzen, nebeneinander laufen, miteinander reden
Die verschiedenen Nationen:
Die Deutschen wollen ganz genau wissen, woher man kommt und was man arbeitet. Sind eher planvoll und gut vorbereitet.
Die Iren quatschen unentwegt und über alles und jeden. Trinkfest und sympathisch, sehr spontan, gehen, wohin der Wind sie treibt und solange sie wollen.
Die Amerikaner finden alles, ausnahmslos alles grandios! Die Häuser, das Essen, die Natur, einfach alles. Aber glaube Ihnen nicht! Wenn sie dir von einem bestimmten Essen vorschwärmen, mach einen großen Bogen darum! Es taugt nix!
Die Asiaten sind nicht greifbar. Sehr freundlich, aber unnahbar. Kaum Gespräche möglich. Sitzen gerne am Wegesrand und machen Picknick.
Lästerstunde Ende – Gute Nacht!