Das war gestern…
Das war heute…
In kleinen Schritten kämpfe ich mich voran. Letzte Nacht hat es so stark geregnet, dass ein Fluss entstand und durch das gepflasterte Dorf gerauscht ist.
Die Situation fand ich heute früh vor. Wetter.com hat 3 Regentropfen angezeigt, und so war es auch. Die ersten 7 km bin ich durch strömenden Regen gelaufen, der Regen wurde dann von Wind abgelöst.
Und mein Kopf war total leer. Hatte ich gestern noch soviel Flausen im Kopf über Wahrheit und Lüge usw habe ich mich heute mehrfach gefragt, was ich eigentlich gerade denke. Die Antwort war: nichts! Ein komischer Zustand, wirklich. Ich kenne diese Gedankenlosigkeit aus der Meditation, aber in Bewegung durfte ich das noch nie erfahren.
Manchmal wurde ich ins Hier und jetzt katapultiert, wenn ich eine Pause machte und die Welt um mich herum betrachtete.
Die Gedankenlosigkeit wurde vielleicht verursacht von der Ruhe der Landschaft. keine Abwechslung, nichts, woran sich das Auge festhalten kann. Nichts, worum sich ein Gedanke manifestieren kann. Dazu kommt die Ereignislosigkeit dieser Gegend. Die einzige Abwechslung war ein echt riesiger Vogel, der ziemlich lange über mir gekreist ist. Es ging mir aber gar nicht schlecht…
Manch ein Pilger hält diese Stille kaum aus, ich finde es toll. Zumindest heute noch. Die Landschaft wird sich in den nächsten Tagen kaum verändern, nur das Wetter soll besser werden. Heute kann mich nur darauf freuen, noch eine gewisse Zeit in der Stille zu gehen. Wie lange ich es genießen kann oder ob es eine Herausforderung für mich wird, wird sich zeigen.
Ich bekomme eine Idee darüber, was der Spruch „der Camino gibt dir, was du brauchst“ bedeutet. Er gibt mir grade ganz viel Ruhe und Frieden, Schritt für Schritt. Wie lange dieser Zustand wohl anhält?
Während ich diese Zeilen schreibe, wird mir bewusst, dass es nicht lange anhalten wird. Vielleicht ein paar Stunden, ein paar Tage oder bis ans Ende meines Caminos. Aber erst wenn mich der Alltag wieder hat, werde ich sehen, ob und wie die Stille nachklingen wird. Ich hoffe, lange…. und die Erinnerung bleibt für die Ewigkeit.
Morgen steht mir die bisher längste Etappe bevor: 27 km! Ich hoffe, die Stille trägt mich.